Bei rund einer halben Million betroffener Kinder stehen die Chancen gut, dass jeder Mensch mindestens einen sogenannten AD(H)Sler kennt, beziehungsweise dass in der Schulklasse ein Kind mit AD(H)S sitzt. Von einer seltenen Erkrankung kann also auf keinen Fall gesprochen werden. Doch Vorsicht, allzu schnell werden anstrengende Kinder mit der Diagnose AD(H)S versehen, das zeigen aktuelle Untersuchungen immer wieder. Besonders oft trifft es sehr bewegungsfreudige, unruhige Jungen, denen das still Sitzen in der Schule und zu Hause bei den Hausaufgaben schwerfällt. Sie können ihr Leistungspotenzial nicht abrufen und versagen trotz guter Intelligenz in der Schule.
Aber auch Mädchen und sehr stille Kinder sind von der Störung betroffen, die sich in 60 Prozent der Fälle nicht „auswächst“, sondern über die Jugend hinaus bis ins Erwachsenenalter besteht.
Eines der Probleme – das Chaos im Kinderzimmer
Aufräumen mit ADHS – für die betroffenen Kinder und ihre Eltern eine Herausforderung. Ordnung und konzentriertes Aufräumen sind ein echtes Problem, an dem sich immer wieder heftiger Streit entzündet. Mit ein paar wertvollen Tipps, Geduld und den folgenden 5 Schritten kann Ihr Kind sein Chaos in den Griff bekommen.
Wer ein Kind mit ADHS hat, muss sich über mangelnde Aufregung ganz sicherlich nicht beklagen. Sobald die lieben Kleinen einen starken eigenen Willen entwickeln, geben Sie ihren Impulsen nach und machen viel Unsinn. Das drückt sich in vielerlei Dingen aus.
Aufräumen mit ADHS ist schwer
Ganz bestimmt kennen alle Eltern von ADHS Kindern die permanente Unordnung und das Unvermögen aufzuräumen. Aufräumen mit ADHS ist eine wirklich schwere Aufgabe, die oft nicht gelingt. Warum ist das so?
Chaos im Kinderzimmer
Aufräumen ist für Kinder mit AD(H)S eine meist unüberschaubare Aufgabe, bei der sie immer wieder kläglich versagen. Da es ihnen aber auch nicht leicht fällt Ordnung zu halten, weil ihnen die Übersicht und die notwendige Fähigkeit des Strukturierens fehlt, sieht ihr Kinderzimmer regelmäßig aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Schon morgens fliegt der Schlafanzug in die Ecke und das Kopfkissen bleibt auf dem Boden liegen. Die Comichefte und Bücher des letzten Leseanfalls liegen verstreut im Zimmer herum, dazwischen tummeln sich Legosteine und Spielfiguren, Schuhe und Kassetten, Stifte und Stofftiere.
Die Suche nach einer bestimmten Spielfigur ist in solch einem Durcheinander schwierig, muss aber unter Zeitdruck das Mäppchen für die Schule unbedingt gefunden werden, naht unweigerlich eine Katastrophe. Ein Kind mit AD(H)S hat laufend neue Ideen, die alle umgesetzt werden wollen. Diese Kreativität ist toll, macht aber auch jede Menge Arbeit. Da die betroffenen Kinder sich meistens nicht lange mit einer Sache beschäftigen, beginnen sie dauernd etwas Neues. Sie kippen die Legosteine aus, malen ein Bild, hüpfen auf dem Bett, beginnen ein Hörbuch, kleben Sammelbilder ein oder verschönern die Wand mit Filzstiften. Natürlich räumen sie Spielzeug niemals weg, denn sie könnten es ja noch mal irgendwann gebrauchen. Außerdem kostet das Zeit, die gerade für etwas anderes benötigt wird.
Einfach alles lenkt ab
Auf der unkonzentrierten Suche nach den wichtigen Stiften stolpert das AD(H)S Kind immer wieder über interessante Dinge, die ihm bei seinem Weg durch das Zimmer auffallen und seine Aufmerksamkeit fesseln. Über die unterschiedlichen Reize verliert es andauernd sein eigentliches Ziel aus den Augen.
Hier wird noch einmal in dem spannenden Buch von gestern geblättert, dort findet es zufällig sein Lieblingsstofftier in der Kiste mit den Strümpfen und am Fenster erblickt es einen bunten Aufkleber, der ihn daran erinnert, dass es heute ja seine bunte Jacke anziehen könnte. Dieser Gedanke führt das Kind zu der Überlegung, ob wohl die Sonne scheint und es warm draußen ist, und so rennt es auf den Balkon um einen Temperaturtest zu machen. Wird es dann von den Eltern gefragt, ob es denn endlich das Mäppchen gefunden hat, fällt ihm dieses wieder siedendheiß ein und das Kind fühlt sich schuldbewusst und bekommt Ärger. Oder es lügt vor lauter Verzweiflung und erhält seine Rüge später in der Schule.
Ingmar, 11 Jahre, verliert sich in seinem Chaos
Ingmar (11 Jahre) ist total überfordert, wenn er sein Kinderzimmer aufräumen soll. Den guten Willen dazu hat er, doch wenn er dann beginnt, verliert er ganz schnell den Überblick und lässt sich sehr leicht ablenken. Er verbringt oft viele Stunden in seinem Zimmer und räumt auf, doch das Ergebnis ist frustrierend, weil er sich keinen Überblick verschaffen kann und kein System beim Aufräumen verfolgt. Er schafft es nicht, seinen Schreibtisch leer zu räumen oder wenigstens alle Bücher ins Regal zu stellen. Kaum nimmt er ein Buch in die Hand, wird seine Aufmerksamkeit von einem Bild oder einer Geschichte gefesselt. Während er das Bild betrachtet, fällt ihm seine neue CD ein und er stellt die Musik an. Dann hört er ein bisschen zu und möchte plötzlich seine neuen Turnschuhe anprobieren. Wenn seine Mutter merkt, dass Ingmar noch überhaupt nicht voran gekommen ist, gibt es Ärger und Streit, denn sie ist der Meinung, dass ein 11 jähriger Junge in der Lage sein sollte, selber etwas Ordnung in sein Zimmer zu bringen.
Streit, Ärger und Strafen ohne eine zusätzliche Strukturierungsanleitung helfen Ingmar jedoch nicht weiter. Um das Chaos im Kinderzimmer, den unordentlichen Schulranzen oder andere Aufgaben lösen zu können, muss ein Kind mit AD(H)S lernen, systematisch und strukturiert vorzugehen. Die an das Kind gestellte Anforderung muss in einzelne kleine Schritte aufgeteilt und dann nacheinander erledigt werden. Dazu gehört, die Aufgabe des Aufräumens anzukündigen, die einzelnen Etappen einzufordern und die Ergebnisse zu überprüfen, um Flüchtigkeitsfehler und Ablenkungen weitgehend zu vermeiden.
Dieses strukturierte Vorgehen ist für den gesamten Lebensbereich der Kinder wichtig, sie müssen es beim Lernverhalten und der Schule ebenso anwenden, wie in der Familie.
Aufräumen mit Hilfe und nach Plan – so gehts!
Im Falle des Aufräumens geht es darum, mit dem Kind gemeinsam das gesamte Zimmer zu betrachten. Dann wird es in zentrale Bereiche, in einzelne Aufräumecken, eingeteilt und bestimmten Spielsachen zugeordnet. Die Bücher gehören in das Bücherregal, die Comichefte in die Schublade, die Kassetten in die Kiste auf dem Schrank, die Anziehsachen in den Kleiderschrank, die Legosteine in die Legokiste usw. Das Kind soll möglichst bald selber Teilbereiche finden und benennen, ist es damit überfordert, so können die Eltern die Einteilung vornehmen.
Anschließend wird eine Liste erstellt, die die Reihenfolge des Aufräumens zeigt. Diese Liste ist für das Kind eine wichtige Hilfe und sollte immer griffbereit sein oder an der Wand hängen, sodass sie gut sichtbar ist.
Beginnt das Kind nun mit dem Aufräumen, so nimmt es sich den ersten Punkt der Liste vor und hakt diesen ab, wenn er erledigt ist. Eine Rückmeldung für jeden Punkt seitens der Eltern kann als hilfreiche Verstärkung am Anfang notwendig sein.
„Immer diese Unordnung, ich werde noch wahnsinnig!“ Ein Kind mit ADHS hat laufend neue Ideen, die alle umgesetzt werden wollen. Diese Kreativität ist toll, macht aber auch jede Menge Arbeit. Da die betroffenen Kinder sich meistens nicht lange mit einer Sache beschäftigen, beginnen sie dauernd etwas Neues.
Sie kippen die Legosteine aus, malen ein Bild, hüpfen auf dem Bett, beginnen ein Hörbuch, kleben Sammelbilder ein oder verschönern die Wand mit Filzstiften. Natürlich räumen sie Spielzeug niemals weg, denn sie könnten es ja noch mal irgendwann gebrauchen. Außerdem kostet das Zeit, die gerade für etwas anderes benötigt wird.
Aufräumen mit ADHS ja, aber wie?
Anfangs finden die Kinder mit ADHS ihre Unordnung gut und fühlen sich in ihrem Zimmer wohl. Sobald sie aber selber nichts mehr finden oder sich wehtun, wenn sie einen Weg durch ihr Zimmer finden wollen, würden sie das Chaos gerne ändern. Doch ohne konsequente Unterstützung gelingt ihnen das nicht.
Nichts klappt mehr
Sie räumen nur Spielzeug A an einen anderen Platz, legen Spielzeug B zur Seite und werfen Spielzeug C einfach unter das Bett. Dadurch wird die Unordnung noch größer. Die Kinder werden zunehmend frustriert und verlieren die Motivation, überhaupt noch etwas anzufassen. Das Aufräumen wird zum Horror, der bald auf die gesamte Familie übergreift und die Atmosphäre vergiftet.
Ordnungssysteme können helfen
Im Kinderzimmer eines ADHS Kindes kann nur Ordnung herrschen, wenn viele verschiedene Faktoren bedacht werden. Selbst dann dauert es lange, bis die Kinder sich an eingeübte Strukturen gewöhnen und selber Ordnung halten. In ihrem Kopf herrscht eine innere Unordnung, die sie selber nicht in den Griff bekommen.
Dieses Chaos kann von außen reguliert und geordnet werden. Mit viel Geduld und klugen Strukturen gelingt das Aufräumen mit ADHS früher oder später bei jedem Kind. Viele Tipps zu AD(H)S finden Sie in diesem Bestseller von Uta Reiman-Höhn ADS – So stärken Sie Ihr Kind.
Aufräumen mit ADHS: Schritt 1 – Reduktion
Die Anzahl der Spielsachen im Kinderzimmer muss überschaubar bleiben. Am besten gelingt das, wenn ein Kind für jedes neue Spielzeug ein altes aussortieren muss.
Aufräumen mit ADHS: Schritt 2 – Stellplatz
Jedes Spielzeug hat seinen eigenen Platz, der mit dem Kind vorab besprochen wird. Die Bücher stehen im Bücherregal, die Legos haben eine eigene Kiste, und viele Schubladen mit aufgeklebten Bildern zeigen ganz genau, wo was hingehört.
Aufräumen mit ADHS: Schritt 3 – Regelmäßigkeit
Regelmäßiges Aufräumen muss konsequent eingeübt werden. Auch wenn es mühsam und anstrengend ist, ein Kind mit ADHS sollte jeden Abend vor dem Schlafengehen irgendetwas in seinem Zimmer aufräumen. So gewöhnt es sich langsam daran, Ordnung im Chaos herzustellen.
Aufräumen mit ADHS: Schritt 4 – Unterstützung
Ohne Hilfe geht es nicht. Aufräumen mit ADHS gelingt nur, wenn die betroffenen Kinder geduldig und liebevoll angeleitet werden. Es kann sehr lange dauern, bis sie das eingeübte Verhalten irgendwann auch einmal selber anwenden. Spätestens auf dem Weg zum Erwachsenwerden profitieren sie jedoch von dieser Phase.
Aufräumen mit ADHS: Schritt 5 – keine Lebensmittel
Lebensmittel und Getränke haben im Kinderzimmer nichts zu suchen. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind am Esstisch oder in der Küche isst und trinkt. Sobald es die Regel bricht, können Sie mit logischen Konsequenzen reagieren. Weniger Süßigkeiten, kein Eis, keine Limo – außer Ihr Kind hält die Regeln ein. So können Sie auch gut kontrollieren, was Ihr Kind isst und trinkt.
Nerven behalten und einfach weitermachen
Für viele Eltern ist es sehr frustrierend, wenn ihr Kind so große Probleme mit dem Aufräumen hat. Doch das lässt sich einfach nicht ändern. Am besten ist es, diese Begleiterscheinung des ADHS einfach zu akzeptieren und sich darüber nicht aufzuregen. Hat Ihr Kind ADHS? Hier können Sie einen vorab Test machen.