Stress hat unterschiedliche Ursachen und zeigt sich in unterschiedlichen Symptomen. Daher ist es nicht immer ganz einfach, ihn direkt zu erkennen, besonders nicht bei Kindern. Im Gegensatz zu Erwachsenen ist ein krankes Kind durch Stress nämlich schwer zu entdecken. Den Kindern ist häufig gar nicht bewusst, dass sie unter Stress und erhöhten Anforderungen leiden. Dabei ist Stress bei Kindern gerade momentan kein seltenes Phänomen.
Kinderstress versteckt sich gerne
Kinder sind vielleicht müde, schnippisch oder wirken abwesend. Auf die Frage: „Was ist denn eigentlich los mit dir?“ reagieren sie dann mit Achselzucken. Sie haben keine Ahnung, warum sie sich schlecht fühlen. Und an die Ursachen denken sie sowieso nicht. Wenn es nicht gerade um offensichtliche Belastungen wie eine bevorstehende Klassenarbeit, Streit mit dem besten Freund, einen kranken Familienangehörigen oder eine miserable Note geht, erkennen Kinder die Stressauslöser oft einfach nicht.
Positiver Stress erzeugt oft gute Leistungen
Stress ist nicht immer nur schlecht, im Gegenteil. Als positive Herausforderungen, die ein Kind auch bewältigen können muss, führt Stress zu einem Ansteigen der Leistungsfähigkeit und zur Erhöhung der Kreativität.
Beispiel: Jill hat sich auf die nächste Klassenarbeit in Mathe intensiv vorbereitet. Sie freut sich schon darauf zeigen zu können, was sie alles weiß. Kurz vor Beginn der Arbeit bekommt sie Herzklopfen und kalte Hände vor Aufregung. Sobald die mit dem Schreiben beginnt, legt sich die Unruhe und Jill konzentriert sich. Als sie fertig ist, bleibt noch ein wenig Zeit übrig. Jill nutzt sie dazu, um die Arbeit noch mit einer Grafik zu verzieren. Mit einem guten Gefühl klappt sie dann ihr Heft zu und gibt es ab. Der Stress hat sich bei Jill positiv ausgewirkt.
Negativer Stress bremst Kinder aus
Übersteigen die Anforderungen das individuelle Leistungslevel, fühlt sich ein Kind schnell überfordert und hilflos. Sobald das Gefühl „Das schaffe ich nicht (mehr)!“ die Oberhand gewinnt, verkehrt sich der Stress ins Negative.
Beispiel: Janis hat sich für die Klassenarbeit ebenfalls gut vorbereitet. Im Gegenteil zu Jill muss er jedoch beim Schreiben immer wieder mit seiner Lese-Rechtschreibschwäche kämpfen. Janis weiß also schon vor Beginn der Arbeit ganz genau, dass die Rechtschreibung ihm große Probleme bereiten wird. Dieses Wissen beschert ihm schon Tage vorher Stress und Unruhe. Zu Beginn der Klassenarbeit wird er noch nervöser, denn nun geht es für ihn ums Ganze. Anstatt sich darauf zu freuen, sein Wissen weiterzugeben, befürchtet er zu versagen und viele Rechtschreibfehler machen. Diese Angst blockiert ihn, sodass er sich auch auf die anderen Arbeitsinhalte nicht gut konzentrieren kann. Janis bekommt Bauchschmerzen und es gelingt ihm nicht, sein Leistungspotenzial in der Klassenarbeit auszuschöpfen. Bei Janis wirkt sich der anhaltende Stress negativ aus.
Welche Stressauslöser haben Kinder?
Neben den täglichen Leistungsanforderungen in der Schule gibt es noch eine Reihe von Situationen, denen Kinder sich nicht gewachsen fühlen. Dabei kommt es auf das jeweilige Lebensumfeld und die individuelle Unterstützung bei Fragen, Sorgen und Problemen an. Weitere Stressauslöser neben der Schule können sein:
- Ängste, zum Beispiel Verlustängste, weil sich die Eltern trennen
- Trauer über einen Todesfall
- Rivalität unter Geschwisterkindern
- Mobbing, Ausgegrenztsein
- zu viele Termine und zu wenig Entspannung
- Bewegungsmangel
- falscher Umgang mit Zeit, Zeitdruck
- sportliche Wettkämpfe
- ständige Lärmbelästigung
Dieser Stress, der nicht positiv ist, sondern zu einer geistigen oder emotionalen Überforderung führt, hat eine körperliche Anspannung zur Folge. Viele Termine oder auch eine ständige geistige Angespanntheit verhindern, dass ein Kind sich erholt und entspannt. Dieser Dauerstress wirkt sich auch auf den Körper, beziehungsweise den ganzen Organismus aus.
Checkliste Körper- und Verhaltenssignale für Stress
Die folgenden Signale können bedeuten, dass Ihr Kind unter Stress leidet. Nehmen Sie die Signale auf jeden Fall ernst, schalten Sie den Kinderarzt ein und reduzieren Sie den Stress Ihres Kindes.
Ursachen und Hilfen bei Stressproblemen
Problem | Körpersignal | Ursache | Abhilfe |
Schlafproblem | Ihr Kind ist abends überdreht, nervös und übermüdet und kann nicht einschlafen. | Ihr Kind verspürt eine innere Unruhe, weil es die Erlebnisse des Tages nicht verarbeitet hat. | Schaffen sie jeden Tag Ruhephasen, in denen Ihr Kind sich gezielt langweilen darf. Auch Rituale helfen, den Stress abzubauen. |
Schmerzen | Ihr Kind klagt häufig über Bauch- und Kopfschmerzen. | Anstatt sich den Anforderungen zu stellen, versucht sich Ihr Kind unbewusst durch Krankheit zu schützen. | Nehmen Sie die Schmerzen ernst und notieren Sie regelmäßig, in welchem Zusammenhang sie auftauchen. Versuchen Sie diese Situationen dann zu entstressen. |
Magen | Besonders vor Klassenarbeiten und Tests klagt Ihr Kind über Übelkeit oder Durchfall. | Ihr Kind hat Angst, den Anforderungen der Schule nicht gerecht werden zu können. | Zu hoher Leistungsdruck kann unterschiedliche Ursachen haben. Sprechen Sie mit den Lehrern und finden Sie heraus, ob Ihr Kind überfordert ist. |
Konzentration / Aufmerksamkeit | Ihrem Kind gelingt es immer weniger, sich auf Hausaufgaben oder das Lernen zu konzentrieren. | Zu viele Anforderungen und Termine führen dazu, dass Ihr Kind sich auf eine Sache nicht mehr lange genug konzentrieren kann. | Reduzieren Sie unbedingt, auch gegen den Willen Ihres Kindes, seine Termine. Überprüfen Sie, ob sich die Konzentrationsfähigkeit dann wieder bessert. Jetzt ist eine langsame Steigerung der Termine wieder möglich. |
Verhalten | Ihr Kind wirkt oft extrem gereizt, trotzig oder nervös. | Ihr Kind steckt in seinen Grübeleien an die vielen Probleme und Anforderungen fest. Es hat keine Ressourcen mehr, sich freundlich und zugewandt zu verhalten. | Ziehen Sie die Notbremse! Nehmen Sie sich Zeit, um mit Ihrem Kind „schöne“ Dinge zu tun, die es einfach nur genießen kann (Vorlesen, Kuscheln, Basteln, Musik hören, etc.) Auch Bewegung baut Stress ab. Durch die Aufnahme von Sauerstoff werden Glückshormone freigesetzt, die Ihr Kind stressresistenter machen. |
Sozialverhalten | Ein gestresstes Kind hat große Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen, es gelingt ihm nur selten seine Interessen durchzusetzen. | Sich mit anderen zu arrangieren und alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, kostet Kraft. Die fehlt Ihrem Kind. | Reduzieren Sie die Kontakte, organisieren Sie zunächst Treffen nur zu zweit. Coachen Sie die Treffen, unterstützen Sie die Kinder in Konfliktsituationen. |
Auf Dauer macht Stress Ihr Kind krank
Wenn Ihr Kind über einen längeren Zeitraum an belastenden Stresssituationen ausgesetzt ist, kann es ernsthaft krank werden. Sein Organismus macht dann irgendwann einfach nicht mehr mit. Nicht ohne Grund hat die Weltgesundheitsorganisation WHO chronischen Stress zur größten Gesundheitsgefahr unseres Jahrhunderts erklärt. In Deutschland leidet schon jeder Dritte dauerhaft unter stressbedingten Symptomen. Viele Erkrankungen, von Rückenschmerzen über Magenbeschwerden bis zum Herzinfarkt, können direkt oder indirekt auf Stress zurückgeführt werden.