Was ist Reformpädagogik?

Mal mehr und mal weniger Eltern setzen bei der Beschulung ihrer Kinder auf Reformpädagogik. Logisch, denn diese Konzepte versprechen glückliche und gebildete Kinder ohne Zwang und Druck Es ist kein Geheimnis, dass das Bildungssystem in Deutschland unter zahlreichen Problemen ächzt und in die Knie geht. Gefühlt kommen jedes Jahr mehr hinzu.

  • Lehrermangel
  • Flüchtlinge
  • Kinder mit ADHS
  • Kinder mit Lernschwächen
  • hochbegabte Kinder
  • schlecht ausgerüstete Schulen
  • digitale Wüsten
  • Probleme mit den sozialen Medien
  • Mobbing und co.
  • auseinanderbrechende Familien

Kein Wunder also, dass auch die Reformpädagogik, ebenso wie die Privatschulen, interessant sind und bleiben.

Reformpädagogik tut Kinder gut

Welche Reformpädagogik gibt es?

Immer wieder werden neue Schulen mit besonders Konzepten gegründet, die dann entweder stattlich anerkannt werden oder eben nicht. Aber es gibt auch „alte Platzhirsche“, die ich hier vorstelle.

Diese 3 reformpädagogischen Konzepte machen Eltern besonders neugierig . Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts stellten viele PädagogInnen die strengen und autoritären Strukturen der damaligen Schulen infrage. So entstand nach und nach eine Fülle von neuen Konzepten, die sich kritisch mit der Erziehung und Bildung von Kindern auseinandersetzten. Einige haben sich bis heute gehalten und beeinflussen das Lernen an öffentlichen und privaten Schulen.

Das Kind endlich im Mittelpunkt

Die ersten Reformpädagogen stellen das Kind in den Mittelpunkt des erzieherischen Denkens und Handelns. Schule soll nicht mehr eine traditionelle Zwangs-Lern-Anstalt sein, sondern ein lebendiger Lernort, an dem nach neusten psychologischen und pädagogischen Erkenntnissen Wissen vermittelt wird. Eine lebensnahe Gemeinschaft für aktive Schülerinnen und Schüler, die zu verantwortungsbewussten, selbstständigen und toleranten Mitgliedern der Gesellschaft geformt werden sollten.

Zu den noch heute aktuellen pädagogischen Konzepten gehören u.a. die folgenden:

Freinet Pädagogik (www.freinet-kooperative.de)

Entwickelt von Célestin und Elise Freinet 1920 in Frankreich versuchten die Freinets, das Schulwesen von innen zu reformieren.

Er stellt die Selbständigkeit und den individuellen Lernrhythmus des Kindes in den Mittelpunkt. Die Schüler sind dabei Initiatoren und Organisatoren ihres eigenen Lernprozesses. Dies gelingt in den nach Freinet ausgerichteten Schulen unter anderem mithilfe von individuellen Wochenplänen, Arbeitsmaterialien zur Selbstkorrektur, freien Texten und individueller Bewertung von Lernfortschritten.

Die Freinet-Pädagogik ist in Deutschland vertreten und wird von einigen Schulen und Pädagoginnen und Pädagogen angewendet. In Deutschland gibt es mehrere Schulen, die sich der Freinet-Pädagogik verschrieben haben und sich als Freinet-Schule bezeichnen. Auch in der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen findet die Freinet-Pädagogik in einigen Universitäten und Fachschulen Beachtung.

Allerdings ist die Freinet-Pädagogik in Deutschland nicht flächendeckend verbreitet und es gibt auch Kritikerinnen und Kritiker, die der Meinung sind, dass die Pädagogik nicht für alle Schülerinnen und Schüler geeignet ist.

So sieht der Freinet Alltag in einer 6. Klasse beispielsweise aus

  • Klassenräume, die als Arbeits- und Lebensräume gestaltet sind
  • regelmäßige Versammlungen / Präsentationen
  • projektorientiertes Arbeiten
  • Zeit zum freien Arbeiten
  • Führen eines Lerntagebuches
  • keine Noten

Private Freinet Schulen gibt es zum Beispiel in folgenden Städten:

  • Freie Aktive Schule in Krefeld
  • Freie Schule Anne-Sophie in Berlin
  • Freie Schule Gütersloh
  • Freie Schule Leipzig
  • Freie Schule Wendland in Niedersachsen
  • Freie Schule Frankfurt am Main

Es gibt jedoch auch Schulen, die sich zwar nicht explizit als Freinet-Schule bezeichnen, aber dennoch Elemente der Freinet-Pädagogik in ihre Arbeit integrieren.

Weitere Freinet-Schulen finden Sie unter:  http://freinet.paed.com/freinet/frschule.php

Peter Petersen und die Jena-Plan-Schulen

Peter Petersen war Pädagoge und Entwickler des Jenaplans in den 20er-Jahren. Er betrachtete die Schule als Lebensgemeinschaft, in der altersgemischte Gruppen gemeinsam, miteinander und voneinander lernen. Dabei funktioniert der Lernprozess in beide Richtungen:  Kleine lernen von Großen und Größere lernen von Kleineren. Jena-Plan Pädagogik, die es vor allem in den Niederlanden sehr verbreitet gibt, will Lernräume außerhalb der Schule finden, die Fächertrennungen überwinden und einen Arbeitsunterricht kultivieren, der es jungen Menschen ermöglicht, selbstständig und interessengeleitet zu lernen. So haben Kinder die Möglichkeit, an ihren eigenen Erfolgen zu wachsen und so oft es geht, über Inhalte, Methoden und Gestaltung des Lernens mitzubestimmen. Gegenüber dem herkömmlichen Unterricht werden lange Arbeitsphasen mit fachübergreifenden Inhalten angeboten.

Private Jena-Plan Schulen gibt es zum Beispiel in folgenden Städten http://www.jenaplan.de

In Deutschland gibt es nach Angaben der Gesellschaft für Jenaplan-Pädagogik ca. 70 Jenaplan-Schulen. Einige dieser Schulen, die nach dem Jenaplan-Modell unterrichten, werden auch als Peter-Petersen-Schulen bezeichnet.

  • Darmstadt
  • Dresden
  • Nürnberg

Alexander Sutherland Neill und Summerhill (demokratische Schule) www.summerhillschool.co.uk

A. S. Neill gründete 1923 in England die Summerhill Schule, die als älteste demokratische Schule gilt, und leitete sie bis zu seinem Tod 1973. Auf der Summerhill-Schule in England werden fünf bis neunjährige und zehn bis zwölfjährige Schüler zusammen in Gruppen unterrichtet, die Älteren wählen Kurse. Neill galt als Vertreter der antiautoritären Erziehung. Insgesamt gibt es 70 demokratische dieser Schulen auf der ganzen Welt, einige wenige auch in Deutschland. Im Allgemeinen verfolgen sie das Prinzip, dass Schüler selbst entscheiden wann, wie und was sie lernen.

Das Konzept hat auch in Deutschland einige Anhänger und es gibt einige Schulen, die sich an den Prinzipien von Summerhill orientieren.

Ein Beispiel ist die Freie Schule Leipzig, die nach dem Vorbild von Summerhill arbeitet und auf Selbstbestimmung und Freiheit in der Bildung setzt. Eine weitere Schule, die dem Summerhill-Konzept folgt, ist die Freie Schule Frankfurt, die ebenfalls auf dem Prinzip der Freiheit und Selbstbestimmung beruht.

Es gibt auch andere Schulen in Deutschland, die sich an den Ideen von Summerhill orientieren oder diese teilweise in ihre Arbeit integrieren.

Freie Demokratische Schulen in Deutschland

Die erste Sudbury-Schule (demokratische Schule) in Deutschland wurde im April 2004 in Überlingen eröffnet, die zweite im August 2005 in Leipzig; hier kam es allerdings zu Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren. Weitere Gründungsgruppen gibt es in Berlin, Lüneburg, Hamburg, München, Dresden und Düsseldorf.

Sudbury-Schulen sind Schulen, die auf dem demokratischen Schulmodell Sudbury Valley School in den USA basieren. In Deutschland gibt es einige Schulen, die sich an den Prinzipien der Sudbury-Schulen orientieren.

Ein Beispiel ist die Sudbury-Schule Ammersee in Bayern, die nach dem Vorbild der Sudbury-Valley-Schule arbeitet und auf selbstbestimmte Bildung setzt. Eine weitere Sudbury-Schule in Deutschland ist die Sudbury-Schule Berlin-Brandenburg, die ebenfalls auf dem Prinzip der Selbstbestimmung und der Demokratie in der Bildung beruht.

In Hamburg wurde zum Schuljahr 2007/08 die „Neue Schule Hamburg“ (Gesamtschule, Ganztagsschule) eröffnet, die u.a. von der Sängerin Nena gegründet wurde und bereits für negative Schlagzeilen sorgte.

Reformpädagogische Schulen haben Vorteile und Nachteile

Vorteile:

  • Betonung der Individualität: Reformpädagogische Schulen legen Wert darauf, dass jeder Schüler und jede Schülerin als Individuum behandelt wird und eine individuelle Herangehensweise an das Lernen erhält.
  • Fokus auf kritisches Denken: Im Gegensatz zu traditionellen Schulen, die oft auf das Auswendiglernen von Fakten ausgerichtet sind, fördern reformpädagogische Schulen das kritische Denken und die Problemlösungsfähigkeiten.
  • Praxisorientiertes Lernen: Reformpädagogische Schulen versuchen, das Lernen durch praktische Erfahrungen und Projekte zu unterstützen, anstatt nur auf Lehrbücher und Vorlesungen zu setzen.
  • Gemeinschaftsgefühl: Reformpädagogische Schulen betonen die Zusammenarbeit und das Gemeinschaftsgefühl und fördern soziale Kompetenzen.

Nachteile:

  • Unklare Lehrpläne: Reformpädagogische Schulen haben oft weniger klare Lehrpläne als traditionelle Schulen, was manche Schüler und Eltern verunsichern kann.
  • Möglicherweise geringere akademische Standards: Reformpädagogische Schulen können weniger Wert auf standardisierte Tests und formale Noten legen, was dazu führen kann, dass Schüler nicht auf die gleiche Weise auf höhere Bildungseinrichtungen vorbereitet werden wie Schüler traditioneller Schulen.
  • Weniger Struktur: Einige Schüler benötigen mehr Struktur und klare Richtlinien, um erfolgreich zu lernen, und können sich in reformpädagogischen Schulen aufgrund des Fokus auf Selbstbestimmung und Freiheit überfordert fühlen.
  • Höhere Kosten: Einige reformpädagogische Schulen können höhere Kosten haben als traditionelle Schulen, was für einige Familien ein Hindernis sein kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Vor- und Nachteile von reformpädagogischen Schulen stark variieren können und von der spezifischen Schule und den Bedürfnissen der SchülerInnen abhängen.

Für welche SchülerInnen eignen sich reformpädagogische Schulen?

Wenn du eine Schülerin oder ein Schüler bist, der sich für eine reformpädagogische Schule interessiert, solltest du dir überlegen, ob du:

  • Ob du eine individuellere Herangehensweise an das Lernen benötigst.
  • Ob du kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten entwickeln möchtest.
  • Praktische Erfahrungen und Projekte als Lernmittel bevorzugst.
  • Ob du Gemeinschaftsorientierung schätzt und soziale Kompetenzen entwickeln möchtest.
  • Ob du Strukturen und die starre Lernumgebung traditioneller Schulen nicht bevorzugst.
  • Ob du eine positive Einstellung zum Lernen entwickeln möchtest und weniger auf Leistungsdruck und Konkurrenz ausgerichtet sein möchtest.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jeder Schüler individuell ist und verschiedene Bedürfnisse hat. Daher ist es ratsam, die spezifischen Vor- und Nachteile einer reformpädagogischen Schule im Vergleich zu traditionellen Schulen sorgfältig abzuwägen und zu prüfen, welche Art von Schule am besten zu den individuellen Bedürfnissen und Zielen des Schülers passt.

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