Das Leben ist kein Ponyhof und auch kein Kindergeburtstag, nicht alle Kinder sind selbstbewusst genug, um die Rückschläge und Enttäuschung einfach so wegzustecken. Immer mehr Schülerinnen und Schüler machen diese Erfahrung bereits in der Grundschule, fühlen sich minderwertig oder ausgeschlossen. Ausgrenzung, Mobbing, Beschämung oder Ablehnung sind keine Seltenheit, im Gegenteil.
Nicht jedes Kind ist selbstbewusst
Unsere Kinder wachsen heute ganz anders auf als noch vor wenigen Jahrzehnten, denn der Lebensradius ist besonders in den ersten 8 bis 10 Lebensjahren in fast allen Familien wesentlich enger geworden. War es früher an der Tagesordnung, dass die Freizeit nach dem Unterricht auf der Straße mit Gleichaltrigen verbracht wurde, so sind heute gezielte Freizeitbeschäftigungen und Verabredungen an diese Stelle getreten. Diese Veränderung hat Auswirkungen auf die Selbstständigkeit und damit auch auf das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Es gibt weniger Möglichkeiten selbstständig zu werden
Gezielte Förderung und strukturierte Hobbis ermöglichen den Kindern zwar oft den Aufbau weiterer Fähigkeiten (Tennis, Ballett, Reiten, Hockey, etc.), die Entwicklung von Selbstbewusstseins und Eigenverantwortlichkeit wird dabei aber nur sekundär unterstützt. Sportliche Erfolge machen stolz, ohne Frage, doch das eigenständige Lösen alltäglicher Fragen und Probleme wird dabei nicht gefördert. „Ich kann das!“ bezieht sich oft nur noch auf einen sportlichen Teilbereich der Persönlichkeit und nicht mehr auf das komplette Selbstverständnis der Kinder. Das Erziehungsziel sollte jedoch sein, sich Problemen oder Fragestellungen mutig und neugierig zu stellen und diese im Vertrauen auf das eigene Können anzupacken. So wächst Selbstbewusstsein!
Darf Ihr Kind noch selber entscheiden, was es spielt?
Aus vielen nachvollziehbaren Gründen haben die Kinder von heute nur noch wenig Gelegenheit, sich unbeaufsichtigt ganze Nachmittage lang mit ihren Freunden zum Spielen in der Umgebung zu treffen. Die meisten Eltern möchten den Nachwuchs im Auge behalten, um sicher zu sein, dass ihm nichts passieren kann. Aber auch die Angst, knappe Zeitfenster im Entwicklungsprozess eines Kindes zu verpassen, reduziert die reine Spielzeit. Sportkurse, Musikunterricht, Fremdsprachenförderung und Nachhilfe schließen nahtlos an den Unterricht und die Hausaufgaben an.
Diese „Rundumversorgung“ ist zwar angenehm, führt aber auch, dass sich Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein der Kinder langsamer entwickeln, da nur wenig Eigeninitiative gefordert wird.
10 Tipps: So machen Sie Ihr Kind stark und selbstbewusst
Es gibt durchaus viele Möglichkeiten, Ihr Kind dabei zu unterstützen, sich mutig und voller Selbstvertrauen den Abenteuern des Alltags zu stellen. Unsere folgenden 10 Tipps helfen Ihnen dabei.
- Geben Sie Ihrem Kind Urvertrauen!
Ohne einen sicheren Rückhalt traut sich kein Mensch hinaus in die weite Welt. Signalisieren Sie Ihrem Kind stets, dass nichts Ihre Liebe zu ihm erschüttern kann. Besonders Streitigkeiten, Auseinandersetzungen oder Fehler sollten immer besprochen und geklärt werden.
Richtig: Sich nach jedem Streit zu versöhnen! Ihrem Kind körperliche Nähe geben. Sich vor dem Schlafengehen aussprechen. Fehler entschuldigen und gemeinsam überlegen, wie es besser gemacht werden kann.
Falsch: Liebesentzug als Strafe einsetzen. Sagen Sie nie: „Wenn du dies und jenes nicht machst, habe ich dich nicht mehr lieb!“ Reiten Sie nicht auf Fehlern herum und seien Sie nicht besserwisserisch: „Ich habe dir doch gleich gesagt, das du das nicht kannst.“
- Behüten Sie Ihr Kind nicht übermäßig!
Es ist schwierig, dem heranwachsenden Kind stetig mehr Freiheiten zu geben. Doch kleine Herausforderungen sind wichtig, um sich später auch größeren stellen zu können. Lassen Sie die Zügel locker aber nicht los!
Richtig: Geben Sie altersgemäßen Wünschen nach mehr Unabhängigkeit nach, z.B. alleine auf den Spielplatz gehen, mal eine Stunde zu Hause alleine bleiben, selber bezahlen, etc. Dabei muss Ihr Kind auch lernen, Absprachen einzuhalten, zum Beispiel zu einer bestimmten Uhrzeit zu Hause zu sein.
Falsch: Ihrem Kind alles abnehmen, nie streiten, kritiklos sein, keine Grenzen setzen, Anzeichen von Selbstständigkeit ignorieren. Keinen Raum geben, um auch einmal Fehler zu machen.
- Motivieren Sie Ihr Kind Verantwortung zu übernehmen!
Stärken Sie die Fähigkeit Ihres Kindes für sich selbst und seine Taten Verantwortung zu übernehmen. Schließlich heißt Entwicklung auch, sich Tag für Tag von der Abhängigkeit der Eltern frei zu machen, damit später ein selbstständiges Leben möglich wird.
Richtig: Sich nach einem Streit mit Freunden entschuldigen, Taschengeld selber einteilen, Aufgaben übernehmen, Haustier versorgen, Konsequenzen aus Fehlverhalten tragen, etc. Erledigt Ihr Kind die Aufgaben gut, darf es ruhig kräftig dafür gelobt werden.
Falsch: Aus Zeitmangel oder Ungeduld Ihrem Kind Verantwortung abnehmen, z.B. seine Blumen gießen, sein Verhalten entschuldigen, seine Hausaufgaben beim Freund abfragen, sein Haustier füttern, etc.
- Lachen Sie Ihr Kind nie aus!
Vermeiden Sie Ironie oder Sarkasmus und lachen Sie Ihr Kind nicht aus. Die feinen Nuancen der Ironie sind für viele Kinder noch nicht zu verstehen. Sie fühlen sich ausgeschlossen und ausgegrenzt. Gemeinsam lachen ist hingegen positiv und nimmt vielen Situationen die Bedrohlichkeit.
Richtig: „Auweia, das war mein uralter Lieblingsteller, den du da zerdeppert hast. Jetzt müssen wir wohl zusammen auf Flohmärkte gehen und sehen, ob wir den an einem Stand mit Antiquitäten nochmal finden. Diesen Hang, Geschirr zu zerdeppern, hast du wohl von mir geerbt.“
Falsch: „Super, dass du jetzt meinen Lieblingsteller zerschmissen hast! Der war ja auch schon richtig alt und ich konnte ihn sowieso nicht mehr sehen.“
- Nehmen Sie Ihr Kind ernst!
Kinder haben häufig andere Meinungen als ihre Eltern – kein Grund zum Ärgern sondern eine tolle Grundlage für interessante Gespräche Nehmen Sie die Meinung Ihres Kindes ernst, auch wenn Sie anderer Auffassung sind.
Richtig: „Interessant, wie du das siehst. Erklär mir doch mal genau, was du meinst und wie du darauf kommst. Was hältst du denn von meinem Standpunkt?“
Falsch: „Du hast doch noch überhaupt keine Lebenserfahrung, wie willst du denn da mitreden. Was hier zu Hause gemacht wird, bestimmen immer noch die Eltern. Wenn du älter bist, kannst du auch bei solchen Fragen mitreden.“
- Zeigen Sie Ihrem Kind Ihre Anerkennung!
Super gemacht! Kinder im Grundschulalter brachen die Anerkennung ihrer Bezugspersonen, sobald sie eine echte Leistung erbracht haben. Durch positives Feedback werden sie motiviert und strengen sich dann noch mehr an.
Richtig: „Klasse, wie lange du mir im Garten geholfen hast. Jetzt haben wir das meiste Unkraut heraus gezupft. Ohne dich hätte das viel länger gedauert und mein Rücken würde wahrscheinlich viel mehr schmerzen.“
Falsch: „Sieh dir mal an, was du da heraus gezupft hast. Neben dem Unkraut sind dir einige meiner kleinen Erdbeerpflänzchen zum Opfer gefallen. Beim nächstenmal mache ich das lieber wieder alleine.“
- Akzeptieren Sie echte Gefühle
Gefühle ihres Kindes können Sie nicht wegreden. Wenn es traurig oder ängstlich ist, sollten Sie dies akzeptieren. Reden Sie ihm nicht ein, dass es anders ist, sonst verliert es den Kontakt zu seinen Emotionen.
Richtig: „Ich verstehe, dass du traurig bist, weil Sandra dich nicht zu ihrem Geburtstag eingeladen hat. Vielleicht können wir deine Stimmung aber verbessern, wenn wir etwas gemeinsam unternehmen, was meinst du? Morgen siehst du die Sache dann vielleicht schon wieder anders.“
Falsch: „Nicht eingeladen zu werden ist kein Grund zum Traurigsein. Stell dich nicht so an und rufe einfach eine andere Freundin an.“
- Seien Sie ehrlich!
Kinder spüren oft ganz genau, wenn jemand nicht ehrlich zu ihnen ist. Sie haben eine gute Antenne für Gefühlslagen. Seien Sie daher ehrlich, denn auch mit unschönen Wahrheiten sind Kinder häufig besser bedient als mit einer gut gemeinte Lüge.
Richtig: „Es tut mir leid, aber ich bin heute nicht so guter Stimmung. Vorhin habe ich mich mit Oma gestritten und nun weiß ich nicht, wie ich das wieder ausbügeln soll. Mensch, das geht mir richtig an die Nieren und ich kann mich nur schlecht konzentrieren.“
Falsch: „Mit Oma und mir ist alles in bester Ordnung. Wir hatten nur eine kleine Diskussion, aber das wird sich bestimmt bald von alleine regeln.“
- Trauen Sie Ihrem Kind etwas zu!
Es ist sehr schwierig, sein eigenes Kind an seine Leistungsgrenzen zu begleiten, denn zu gerne möchten Eltern in schwierigen Situationen helfen. Ab und zu ist es aber notwendig, durch schwierigere Aufgaben zu erkennen, was man alles kann. Prüfungen im Sport oder in der Schule, die Reklamation eines kaputten Spielzeuges, das selbst vorgetragene Musikstück oder eine schwierige Bastelaufgabe werden zum Erfolgserlebnis, wenn Ihr Kind sie trotz anfänglicher Bedenken gemeistert hat. Geben Sie also nicht zu schnell auf, wenn Ihr Kind sich etwas Altersgemäßes nicht traut.
Richtig: „Ich weiß, dass du das prima meistern wirst. Es ist jetzt zwar schwer, sich zu überwinden, aber hinterher wirst du ganz stolz auf dich sein können. Hole einfach tief Luft und probiere es noch einmal.“
Falsch: „Okay, wenn du dich nicht traust, dann lass es eben bleiben.
- Seien Sie ein Vorbild!
Mama und Papa sind im Leben eines Kindes die wichtigsten Vorbilder. Ganz unbewusst imitieren Kinder alles, was die Eltern tun oder wie sie sich verhalten. Das betrifft auch den Mut und das Selbstbewusstsein. Wenn sich ein Elternteil gegen Ungerechtigkeiten wehrt, erlebt das Kind „gelebte Selbstsicherheit“.
Richtig: „Das ist ja ungerecht, dass sich jemand in der Warteschlange an der Wasserrutsche vordrängelt. So geht das aber nicht, den spreche ich jetzt mal an!“
Falsch: „Lass den ruhig vordrängeln, der reagiert bestimmt sauer, wenn ich ihn anspreche.“
So nutzen Sie die Ferien für ein Selbstbewusttsein-Training
Wählen Sie drei oder vier Wochen der Sommerferien aus, in denen Ihr Kind etwas anderes unternimmt oder erlebt als im normalen Alltag. Natürlich bietet sich hier ein Urlaub an, aber auch der Besuch der Großeltern, eine Schwimmbadwoche oder ein Ausflug. Jeden Abend notieren Sie nun gemeinsam, welche ungewöhnlichen oder neuen Situationen ihr Kind am Tag bewältigt hat. Vielleicht ist es vom Sprungbrett gesprungen, hat etwas auf Italienisch gesagt, neue Freunde kennengelernt oder beim Brettspiel gewonnen. Jede positive Erfahrung wird festgehalten und am Ende der vereinbarten Zeit noch einmal durchgelesen. Ziehen Sie dann ein Resumee: „Klasse, was du dich alles getraut hast in dieser Zeit! Da merke ich doch genau, wie du immer selbstständiger wirst.“
Mein Tipp:
Tragen Sie dazu bei, dass Ihr Kind bei besonderen Gelegenheiten aus der Masse hervortreten kann. Feiern Sie sein erstes Tor, das erste selbst gespielte Lied und die ungewohnte Übernachtung bei einem neuen Freund.
Schüchtern schon im Kindergarten
Das hat auch Nina Graber erlebt, eine junge Frau aus Wetzlar. Negative Erfahrungen im Kindergarten und in der Schule haben dazu geführt, dass Nina schüchtern und ängstlich war, sich dem Leben nicht richtig öffnen konnte. Doch dabei wollte sie es nicht belassen. Nina hat sich aktiv dafür entschieden selbstbewusst zu sein. Das war nicht immer leicht.
Nina Graber: „Auf einer Veranstaltung hörte ich diesen Satz: Das Leben ist keine Generalprobe! Diese Worte nehme ich mir seitdem zu Herzen.“
Nina nahm ihr Schicksal in die Hand
Nina veränderte sich in der Pubertät, als sie merkte, wie sie selber Einfluss auf ihr Selbstwertgefühl nehmen konnte. Nach und nach traute sie sich mehr zu, wehrte sich und bewegte sich aus ihrer Komfortzone heraus. Das fühlte sich gut an, sie blühte auf und fühlte sich viel besser als vorher.
Bewusst zu leben, positive Momente zu erleben, sich selber zu mögen und sich gegen die Anfeindungen von anderen zu wehren – das prägte die Jugendliche Nina ganz intensiv.
Nina Graber: „Durch die ganzen Erfahrungen, die ich seit frühester Kindheit erlebte, wurde meine Mama auf ein ganz besonderes Buch aufmerksam, welches sie mir schenkte. (Jack Canfield „Kompass für die Seele“) Das war mein größtes Geschenk. Daraufhin begann für mich das Kapitel „Persönlichkeitsentwicklung“, das zu meiner Berufung wurde.“
Endlich selbstbewusst und raus aus der Komfortzone
Nina verstand plötzlich, wichtiges ist, sich selber zu mögen und zu akzeptieren. Und sie bemerkte, wie vielen Kindern und Jugendlichen genau das nicht gelang. Das wollte sie ändern. Sie wollte ihre positiven Erfahrungen, ihren Wandel von einem schüchternen „Opfer-Typ“ zu einer selbstbewussten jungen Frau gerne weitergeben.
Nina begann ihre Erfahrungen aufzuschreiben, sie rief einen Blog www.facebook.com/nina.graber ins Leben und hat inzwischen sogar ein Buch veröffentlicht.
Jetzt hilft Nina Graber anderen, sich zu mögen und selbstbewusst zu sein
Das Thema kommt an, denn viele Schülerinnen und Schüler haben Probleme mit Leistungsdruck, Mobbing oder Ausgrenzung. Nina Graber geht direkt in Schulen und spricht auf Augenhöhe mit den Jugendlichen. Sie schafft es, die jungen Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Sie erzählt ihre eigene Geschichte, und man merkt, wie der Funke überspringt.
Nach anfänglicher Skepsis öffnen sich die Jugendlichen, erzählen von ihren Erlebnissen und beginnen damit, ihre Wünsche und Pläne zu teilen. Es entsteht eine dichte, freundliche und positive Atmosphäre, in der niemand ausgegrenzt und jeder mit all seinen positiven Eigenschaften gesehen wird. Irgendwie versteht jeder, was die energetische und überzeugende junge Frau vermitteln will.
Mit dieser Übung kann jeder anfangen selbstbewusster zu werden
Sage dir täglich vor dem Spiegel diese Worte: Ich bin ein Sieger.
Ganz wichtig ist, dass du dir dabei in die Augen schaust und du deine ganzen positiven Emotionen einsetzt.
Interview mit der Autorin und Motivationstrainerin
Frage: „Was war dein Schlüsselmoment?“
„Mein erster Schlüsselmoment war im Kindergarten, als ich von älteren Kindern in einer Holzhütte eingesperrt wurde. Erschwerend kam hinzu, dass ich diese Geschichte 13 Jahre lang niemandem erzählte. Als ich mich dann endlich überwunden hatte, kam das größte Geschenk für mich, das mein Leben komplett positiv änderte. Das erste Buch über Persönlichkeitsentwicklung. Danke nochmal Mama.“
Frage: „Welche Fragen stellen die Schülerinnen und Schüler in deinen Workshops immer wieder?“
„Die häufigste Frage lautet, wie kann ich motiviert an meinem Ziel dranbleiben? Funktioniert das denn? Da ist meine Antwort: Das geht auf jeden Fall! Stell dir dein Ziel immer und immer wieder vor. Spüre dein inneres Feuer und Brennen für dein Ziel, sofort loslegen zu wollen. Das ist deine eigene Motivation. Also schreib dir dein Ziel täglich auf und schließe dann deine Augen und erlebe dein Ziel.“
Frage: „Was muss sich in Schulen ändern, um Mobbing zu verhindern?“
„Das wichtigste Fach, das in der Schule ab der ersten Klasse unterrichtet werden sollte, heißt in meinen Augen: „Persönlichkeitsentwicklung“. Denn es ist wichtig, so früh wie möglich damit zu starten, damit jeder die bestmögliche Entwicklung in seiner Laufbahn erleben kann und so die Gemeinschaft gestärkt wird.“