Vielleicht hast du auch schon Erfahrungen mit Schulstrafen gemacht? Bei dir oder bei deinem Kind. Nur selten fühlen sie sich gerecht oder angemessen an. Deswegen gibt es auch nicht viele Strafen in der Schule. Und wenn doch, sollten sie logisch nachvollziehbar sein. „Pädagogische Maßnahmen sind erzieherische Einwirkungen, die durch Lehrpersonal an Schulen durchgeführt werden. Sie sind Teil des Erziehungsauftrags, der im deutschen Schulsystem gleichberechtigt neben dem Bildungsauftrag steht.“ Quelle: Wikipedia
Diese erzieherischen Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen sind in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer definiert und geregelt. Beispielsweise müssen solche Maßnahmen verhältnismäßig sein und sind nur zulässig, wenn erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen.
Geht es nicht ohne Strafen?
Unterrichtsbeginn bedeutet lernen, lernen, lernen…. und sich gut benehmen. Denn schlechtes Verhalten wird manchmal bestraft.
Die Diskussion über Strafen in der Schule ist komplex und beinhaltet verschiedene pädagogische, psychologische und soziale Perspektiven. Hier sind einige Argumente, die häufig für und gegen die Verwendung von Strafen in Schulen angeführt werden:
Argumente für Schulstrafen:
- Disziplin und Ordnung: Strafen können dazu beitragen, Disziplin und Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten, was eine grundlegende Voraussetzung für ein effektives Lernen ist.
- Konsequenzen aufzeigen: Sie zeigen Schülern die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens auf und helfen ihnen, Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen.
- Präventive Wirkung: Die Androhung von Strafen kann präventiv wirken und Schüler davon abhalten, Regeln zu brechen.
- Gerechtigkeit: Strafen können ein Gefühl der Gerechtigkeit bei denjenigen schaffen, die sich an die Regeln halten, indem sie sehen, dass Fehlverhalten nicht toleriert wird.
- Schutz der Gemeinschaft: Strafen können andere Schüler und Lehrkräfte vor wiederholtem oder gefährlichem Fehlverhalten schützen.
Argumente gegen Schulstrafen:
- Negative Auswirkungen auf die Beziehung: Strafen können die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern belasten und ein Klima des Misstrauens und der Angst schaffen.
- Vermeidung statt Verständnis: Strafen können dazu führen, dass Schüler sich auf die Vermeidung von Strafen konzentrieren, anstatt ein tieferes Verständnis für die Bedeutung von Regeln und sozialem Verhalten zu entwickeln.
- Mögliche Stigmatisierung: Strafen können zu einer Stigmatisierung und sozialen Ausgrenzung von Schülern führen, insbesondere wenn sie öffentlich durchgeführt werden.
- Fehlende Problemlösung: Strafen adressieren oft nicht die zugrunde liegenden Ursachen für Fehlverhalten, wie familiäre Probleme, psychische Störungen oder Lernschwierigkeiten.
- Alternative Ansätze: Viele Pädagogen argumentieren, dass alternative Ansätze wie Restorative Justice, bei denen der Schwerpunkt auf Wiedergutmachung und Versöhnung liegt, effektiver sind als traditionelle Strafen.
Die Wirksamkeit und Angemessenheit von Strafen hängt stark von ihrer Ausgestaltung, der Konsistenz ihrer Anwendung und der allgemeinen Schulpolitik ab. Ein ausgewogener Ansatz, der erzieherische Maßnahmen mit unterstützenden Interventionen kombiniert, wird oft als der effektivste Weg angesehen, um ein positives Lernumfeld zu fördern. Welche Strafen in der Schule überhaupt erlaubt sind und welche nicht, zeige ich dir hier.
Strafen in der Schule? Erlaubte und verbotene
In der Schule gehört die Strafarbeit nicht der Vergangenheit an, sondern ist für viele Lehrerinnen und Lehrer noch ein probates Mittel, um die Ruhe und Ordnung im Klassenraum zu gewährleisten. Nachsitzen und Strafarbeiten, Ohrenkneifer und Klassenbucheinträge – alles kommt auch heute noch in modernen Klassenzimmern vor. Und selbstverständlich werden täglich in deutschen Schulen Smartphones konfisziert, weil Schülerinnen und Schüler sich damit vom Unterricht ablenken oder anderen Unsinn machen.
Dürfen Schlüssel fliegen?
Es klingt unglaublich, aber ich höre immer wieder von Kindern, die von der Lehrkraft mit einem Schlüssel beworfen worden sind, zum Beispiel wenn sie träumen und die mündliche Mitarbeit verweigern. Definitiv ein No Go, denn Gewalt gegen Kinder geht gar nicht. Da könnten wir ja gleich den Prügelstock oder die Strafarbeit „100mal etwas abschreiben“ wieder aus der Mottenkiste des letzten Jahrhunderts holen.
Apropos Mottenkiste – manches ist heute undenkbar
„Mein Klassenlehrer hat die Mädchen absichtlich deklassiert und die Jungen manipuliert. Es gab leichtere Aufgaben für die Mädchen und anspruchsvolle für die Jungen. Er machte Witze über die Menstruation und sogar über mögliche Schwangerschaften (in Klasse 8 bis 10). Seine Lieblinge, zwei oder drei Jungen, durften mit ihm im Sportwagen fahren.“ Ich gebe zu, das habe ich ihm bis heute nicht verziehen. Er hat nicht nur völlig unangemessene und überzogene, sondern auch noch sexistische Strafen verteilt. Würde mein Kind heute so etwas erdulden müssen, würde ich das nicht tolerieren und gegen die Lehrkraft vorgehen.
Heute undenkbar, oder?
LehrerInnen, die zu solchen Mitteln greifen, sind in der Regel ratlos, überfordert, haben ein schwaches Selbstbewusstsein und sind im falschen Job. Doch generell sind Strafen und Strafarbeiten in der Schule nicht verboten. Um die Störungsfreiheit im Klassenzimmer zu bewahren, dürfen Lehrkräfte zu Sanktionen greifen. Allerdings müssen gewisse Grundregeln laut Schulgesetz in allen Bundesländern eingehalten werden.
Für Bestrafungen gibt es klare Vorgaben
- … sie dürfen nicht willkürlich sein, sondern müssen im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten stehen.
- … sie müssen angemessen sein, wenn das Kind beispielsweise mehrfach gegen eine Regel verstoßen hat.
- …sie sollten unmittelbar nach einem störenden Vorfall verhängt werden.
- … und sie sollten einen Sinn und einen Bezug zum Fehlverhalten haben.
Diese Strafen und Strafarbeiten sind erlaubt
- Nachsitzen: Dies ist nur noch im Schulgesetz von Baden-Württemberg explizit vorgesehen. In anderen Bundesländern ist Nacharbeit unter Aufsicht möglich, wenn durch Fehlverhalten das Unterrichtspensum nicht erreicht wurde.
- zusätzliche Hausaufgaben
- störende Dinge oder Gegenstände wegnehmen: Nur für die Dauer eines Schultages
- Strafarbeiten im Rahmen des Lernstoffs aufgeben
- Umsetzen im Klassenzimmer
- bei Fehlverhalten Eintrag ins Klassenbuch
- verursachte Schäden beheben lassen
- in die Parallelklasse schicken
- von Schulveranstaltungen (Klassenfahrt, Wandertag) ausschließen
Auf der Webseite der Kultusministerkonferenz stehen die Schulgesetze der Bundesländer www.kmk.org
Diese Strafen dürfen Lehrer nicht verhängen
- Kollektivstrafen: Es dürfen keine Kinder bestraft werden, die sich korrekt verhalten haben.
- Gewalt: Jede Form von Gewalt, auch das Schlüsselbund werfen, ist verboten.
- Beschimpfungen: LehrerInnen dürfen Kinder nicht vor anderen schlecht machen oder beleidigen.
- Privatsphäre stören: Das eingezogene Handy darf nicht vom LehrerIn gelesen werden.
- Mittelalterliche Strafen: In der Ecke stehen oder Stockschläge sind verboten.
Ungerechte Strafen nicht hinnehmen
Die gute, alte Strafarbeit hat also auch heute noch lange nicht ausgedient. Alles muss ein Kind sich aber nicht gefallen lassen. Sind die Strafen zu heftig oder unangemessen, können Eltern einschreiten und sich auch bei der Schulleitung beschweren.
Wenn Eltern oder Schüler das Gefühl haben, dass eine Strafe ungerecht ist, gibt es mehrere Schritte, die sie unternehmen können. Zunächst ist es wichtig, das Gespräch mit der Lehrkraft zu suchen, die die Strafe verhängt hat. Dies bietet die Möglichkeit, die Situation aus der Perspektive des Lehrers zu verstehen und gleichzeitig die eigene Sichtweise darzulegen. Oft können Missverständnisse oder Unklarheiten auf diese Weise direkt geklärt werden.
Sollte dieses Gespräch nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen, können Eltern oder volljährige Schüler sich an die Schulleitung wenden. Die Schulleitung kann als Vermittler fungieren und hat in der Regel ein Interesse daran, Konflikte innerhalb der Schule zu lösen und für ein gerechtes Umfeld zu sorgen.
Wenn auch dieser Weg nicht zum Erfolg führt, besteht die Möglichkeit, eine formelle Beschwerde bei der zuständigen Schulaufsichtsbehörde einzureichen. Diese Behörden haben die Aufgabe, über die Einhaltung der schulrechtlichen Bestimmungen zu wachen und können bei Bedarf eingreifen.
Schrittweises Vorgehen ist sinnvoll
1. Gespräch mit der Lehrkraft suchen
2. Gespräch mit der Schulleitung suchen
3. formelle Beschwerde beim Schulamt einreichen
In allen Fällen ist es hilfreich, wenn Eltern und Schüler ihre Bedenken ruhig und sachlich vortragen und dabei konkrete Beispiele für das als ungerecht empfundene Verhalten anführen. Dokumentation, wie etwa schriftliche Hinweise oder Zeugenaussagen, können dabei unterstützen, den eigenen Standpunkt zu untermauern.
Es ist auch wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die schulinternen Regelungen zu informieren. In Deutschland beispielsweise sind die Rechte und Pflichten von Schülern und Lehrern in den Schulgesetzen der Bundesländer festgelegt. Kenntnisse darüber, was erlaubt ist und was nicht, können dabei helfen, die eigene Position zu stärken.
In jedem Fall sollten Eltern und Schüler versuchen, eine Lösung zu finden, die im besten Interesse des Schülers ist und die Lernumgebung nicht stört. Manchmal kann auch die Unterstützung durch einen unabhängigen Berater oder Mediator sinnvoll sein, um zwischen den Parteien zu vermitteln und eine einvernehmliche Lösung zu finden.