Sommerzeit ist nicht nur Ferienzeit, sondern auch die perfekte Gelegenheit, sich mit einigen hartnäckigen Lernmythen auseinanderzusetzen und sie für das kommende Schuljahr zu entzaubern. In der Welt des Lernens und der Schule kursieren zahlreiche gut gemeinte Ratschläge, die sich jedoch als Irrwege entpuppen können. Gemeinsam werfen wir einen kritischen Blick auf die zehn größten Lernmythen, die sich hartnäckig halten.
- Hochbegabte Kinder stehen überall auf Eins: Ein verbreiteter Irrglaube besagt, dass ein hoher IQ automatisch zu exzellenten schulischen Leistungen führt. Doch nicht alle hochbegabten Kinder können ihr Potenzial in der Schule entfalten. Einige langweilen sich, andere haben soziale Probleme, und wieder andere sind nicht bereit, sich anzustrengen. Ein klarer Fall von Lernmythen, die es zu hinterfragen gilt.
- Top-PädagogInnen bestechen durch Erfahrung: Nicht die Jahre der Erfahrung machen einen Pädagogen oder eine Pädagogin herausragend, sondern das persönliche Engagement und Interesse am Beruf. Flexibilität, Neugier und Engagement sind entscheidend für effektive Wissensvermittlung und den Erfolg der SchülerInnen.
- Lernen muss immer Spaß machen: Während Spaß am Lernen sicherlich förderlich ist, sind auch Durststrecken unvermeidlich. Das ständige Streben nach Unterhaltsamkeit kann zu oberflächlichem Lernen führen. Ein Vergleich mit dem harten Training eines Sportlers verdeutlicht, dass auch in der Schule Anstrengung notwendig ist, um langfristigen Erfolg zu erzielen.
- Je kleiner die Klasse, desto besser: Kleine Klassen haben ihre Vorteile, jedoch bestätigen Studien, dass der Lernerfolg der SchülerInnen nicht zwangsläufig steigt. Größere Klassen ermöglichen es LehrerInnen, den Unterricht intensiver vorzubereiten und strukturierter durchzuführen, was den SchülerInnen zugutekommt.
- Wer Musik macht, wird klüger: Entgegen der verbreiteten Annahme zeigt eine Studie, dass musikalisches Training keine signifikante Steigerung der Intelligenz bewirkt. Dennoch hat Musizieren positive Auswirkungen auf die Stimmung. Entscheidend für die Intelligenzentwicklung sind Softskills, die bereits im Elternhaus vermittelt werden können.
- Gute LehrerInnen müssen nicht alt sein: Die Qualität eines Lehrers oder einer Lehrerin hängt nicht allein von der Erfahrung, sondern vom persönlichen Engagement ab. Flexibilität und Interesse am pädagogischen Beruf sind ausschlaggebend.
- Was Häschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr: Der Glaube, dass Kinder schneller lernen als Erwachsene, ist überholt. Menschen können auch im fortgeschrittenen Alter erfolgreich umlernen, da sie auf einen reichen Wissensschatz zurückgreifen können.
- Morgenstund hat Gold im Mund – auch in der Schule: Studien zeigen, dass Kinder morgens weniger leistungsfähig sind. Ein früher Schulbeginn ist daher nicht immer optimal. In einigen Ländern wird der Unterrichtsbeginn bereits nach hinten verschoben.
- Jungen können besser rechnen als Mädchen: Obwohl Jungen und Mädchen gleich begabt sind, erzielen Jungen oft bessere Ergebnisse. Dies liegt nicht an den mathematischen Fähigkeiten, sondern am Selbstverständnis. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, die es zu überwinden gilt.
- Frontalunterricht ist Kram von gestern: Guter Frontalunterricht ist genauso wirksam wie Gruppenarbeit. Die richtige Mischung ist entscheidend, und Frontalunterricht bedeutet nicht zwangsläufig einen einseitigen Lehrermonolog.
- Mädchen lernen besser ohne Jungen: Studien liefern keinen Beleg für die Annahme, dass Mädchen ohne Jungen besser lernen. Projektbezogene Leistungssprünge in gleichgeschlechtlichen Klassen können auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein und sind nicht allgemeingültig.
Es ist an der Zeit, diese Lernmythen zu hinterfragen und eine realistische Perspektive auf das Lernen zu gewinnen. Eltern und SchülerInnen können davon profitieren, indem sie sich von überholten Vorstellungen lösen und einen individuellen, effektiven Lernansatz entwickeln.