Hilfe bei Computersucht oder Internetsucht
Rund 3 % aller Jugendlichen in Deutschland gelten als computersüchtig oder internetsüchtig. Die Computersucht oder Internetsucht wurde lange vernachlässigt, im Jahr 2018 wurde sie jedoch als offizielle Krankheit anerkannt.
Klären wir zunächst mal die Begriffe
Computersucht und Smartphonesucht, auch als Internetsucht oder exzessive Mediennutzung bezeichnet, sind Begriffe, die verwendet werden, um problematische und übermäßige Nutzung von Computern oder Smartphones zu beschreiben, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Diese Begriffe weisen auf eine Abhängigkeit von digitalen Technologien hin, die negative Auswirkungen auf das tägliche Leben, die sozialen Beziehungen, die schulischen Leistungen und die physische Gesundheit haben können.
Computersucht bei Kindern und Jugendlichen:
Computersucht bezieht sich auf ein übermäßiges und zwanghaftes Verhalten, das mit der Nutzung von Computern oder Computerspielen verbunden ist. Kinder und Jugendliche, die von Computersucht betroffen sind, verbringen oft unverhältnismäßig viel Zeit vor dem Computer, vernachlässigen andere Verpflichtungen und zeigen Entzugserscheinungen, wenn sie nicht auf ihre digitalen Geräte zugreifen können. Dies kann zu negativen Auswirkungen auf schulische Leistungen, soziale Interaktionen und die körperliche Gesundheit führen.
Smartphonesucht bei Kindern und Jugendlichen:
Smartphonesucht bezieht sich auf ein ähnliches Verhaltensmuster, bei dem Kinder und Jugendliche übermäßig viel Zeit mit der Nutzung von Smartphones verbringen. Dies kann das ständige Überprüfen von sozialen Medien, Messaging-Apps, Spielen oder anderen Anwendungen einschließen. Die Betroffenen zeigen oft Anzeichen von Abhängigkeit, indem sie das Smartphone auch in unangemessenen Situationen verwenden, wie während des Unterrichts oder beim Essen. Smartphone-Sucht kann zu Schlafstörungen, sozialer Isolation und einer beeinträchtigten emotionalen Gesundheit führen.
Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede intensive Nutzung von Computern oder Smartphones sofort als Sucht betrachtet wird. Die Diagnose von Sucht erfordert in der Regel, dass das Verhalten erhebliche Beeinträchtigungen im täglichen Leben verursacht und über einen längeren Zeitraum anhält. Es ist jedoch wichtig, die Bildung gesunder Mediennutzungsgewohnheiten zu fördern und bei Anzeichen von übermäßiger Nutzung frühzeitig Unterstützung anzubieten, um mögliche negative Auswirkungen zu minimieren.
Die Ursachen für eine Internetsucht oder eine Computersucht setzen sich aus drei verschiedenen Komponenten zusammen:
Komponente 1: Die Persönlichkeit
Introvertierte, ängstliche und wenig selbstbewusste Kinder und Jugendliche neigen eher dazu, eine Computersucht oder Internetsucht zu entwickeln als extrovertierte und selbstbewusste Menschen. Wie „tickt“ Ihr Kind? Gehört es zu dieser Personengruppe? Hat es ein starkes Selbstwertgefühl, ist beliebt und anerkannt?
Komponente 2: Die Umwelt
Der Umgang der Familie mit dem Internet oder den Computerspielen hat einen Einfluss auf das Suchtverhalten. Eltern und Geschwister sind Vorbilder, in jeder Familie gelten bestimmte Regeln. Wie sieht das bei Ihnen aus? „Hängen“ alle immer am Netz? Oder gibt es viele Alternativangebote, die Ihrem Kind Spaß machen und es fernab vom Computer begeistern.
Komponente 3: Das Angebot
Online Games haben ein großes Suchtpotenzial, da sie mit ausgeklügelten Belohnungssystemen funktionieren. Gefährlich können Spiele werden, die online am PC, am Smartphone oder an der Konsole gespielt werden. Durch die immer besseren Bildschirme und das riesige Angebot an Browserspielen werden auch Smartphones zunehmend gefährlich. Wer das Handy nicht mehr weglegen kann, der muss aufpassen.
Die Computersucht kommt nicht von jetzt auf gleich
Es dauert Monate oder sogar Jahre, bis sich eine Computersucht richtig etabliert hat. Die Krankheit schreitet langsam voran, oft unbemerkt von Eltern oder Freunden.
Dabei sind Jungen wesentlich häufiger betroffen als Mädchen, sie spielen einfach lieber online. Keine Überraschung: In der Computersucht-Ambulanz in Mainz sind 91 % der Patienten männlich, die meisten sind zwischen 17 und 29 Jahren alt (Stand 2018). Durch das Spiel Fortnite hat sich das Problem weiter verschärft.
Die Suchtpersönlichkeit spielt auch bei der Computersucht eine Rolle
Die Fachleute und Experten sind sich einig, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eher dafür sprechen, eine Sucht auszubilden. Es handelt sich dabei um risikoscheue Personen, die wenig Zutrauen zu sich haben, misstrauisch sind, einen Grundpessimismus an den Tag legen, introvertiert und nicht leicht zugänglich sind. Wie sieht das bei Ihrem Kind aus? Ist es eher still, kann sich nicht durchsetzen, leidet unter einer Außenseiterrolle?
Eltern sind oft co-abhängig bei Computersucht
Viele Eltern unterstützen die Computersucht ihrer Kinder unbewusst. Sie stellen keine Regeln für die Internetnutzung auf oder halten diese nicht ein. Sie bringen ihren Kindern das Essen an den PC, weil sie glauben, diese würden sonst verhungern.
Sie räumen ihnen das Zimmer auf, waschen die Wäsche und schreiben sogar Entschuldigungen für die Schule, wenn sie wegen einer nächtlichen Spielattacke verschlafen haben. Damit unterstützen sie die Sucht, das ist keine Hilfe für die betroffenen Kinder oder Jugendlichen.
10 Tipps für Eltern gegen die Internetsucht oder Computersucht
Wenn Eltern Anzeichen dafür erkennen, dass ihr Kind zu einer Computersucht neigt, ist es wichtig, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um eine gesunde Mediennutzung zu fördern und negative Auswirkungen zu minimieren. Hier sind einige Schritte, die Eltern unternehmen können:
- Offene Kommunikation: Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über Ihre Beobachtungen und Bedenken. Schaffen Sie einen sicheren Raum für Ihr Kind, um über seine Gefühle und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Computer- oder Smartphone-Nutzung zu sprechen.
- Informieren Sie sich: Verstehen Sie die Anzeichen von Computersucht und recherchieren Sie, wie exzessive Mediennutzung die Entwicklung von Kindern beeinflussen kann. Dieses Verständnis wird Ihnen helfen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen.
- Grenzen setzen: Legen Sie klare Regeln für die Bildschirmzeit fest. Definieren Sie, wie viel Zeit täglich für die Nutzung von Computern oder Smartphones angemessen ist. Berücksichtigen Sie dabei auch die altersgerechten Empfehlungen von Experten.
- Vorbild sein: Zeigen Sie selbst ein gesundes Verhalten im Umgang mit digitalen Medien. Kinder lernen oft durch Beobachtung, daher ist es wichtig, ein gutes Beispiel zu setzen.
- Alternative Aktivitäten anbieten: Fördern Sie alternative Aktivitäten außerhalb der Bildschirmzeit, wie Sport, Lesen, Basteln oder soziale Interaktionen. Diese Aktivitäten tragen zur Vielseitigkeit der Freizeitgestaltung bei.
- Gemeinsame Aktivitäten: Unternehmen Sie gemeinsame Aktivitäten mit Ihrem Kind, die nicht mit digitalen Medien verbunden sind. Dies stärkt die Eltern-Kind-Beziehung und ermöglicht eine positive Freizeitgestaltung.
- Förderung sozialer Kontakte: Ermutigen Sie Ihr Kind, soziale Kontakte offline zu pflegen. Dies kann durch Einladungen von Freunden, Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten oder anderen sozialen Events geschehen.
- Professionelle Hilfe suchen: Wenn die Computersucht bereits ernsthafte Auswirkungen auf das Leben Ihres Kindes hat, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Kinderpsychologe oder -psychiater kann spezielle Unterstützung und Beratung bieten.
- Schulische Zusammenarbeit: Arbeiten Sie mit den Lehrern zusammen, um die Nutzung von Computern oder Smartphones während des Unterrichts zu überwachen und sicherzustellen, dass schulische Verpflichtungen erfüllt werden.
- Technologische Tools nutzen: Erwägen Sie die Verwendung von elterlichen Kontrollen oder Apps, die die Bildschirmzeit überwachen und begrenzen können. Diese können dazu beitragen, die Einhaltung der festgelegten Regeln zu unterstützen.
Es ist wichtig zu betonen, dass eine unterstützende und einfühlsame Herangehensweise entscheidend ist. Eltern sollten versuchen, eine Verbindung herzustellen und gemeinsam mit dem Kind Lösungen zu finden, um eine gesunde Balance zwischen digitaler Nutzung und anderen Lebensbereichen herzustellen.
Nehmen Sie das Thema bitte ernst!
Diese Angelegenheit sollte keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden, da sie ernsthafte Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit unserer Kinder haben kann.
Die modernen Technologien, insbesondere Computer und Smartphones, sind zweifellos wertvolle Ressourcen für Bildung und Unterhaltung. Doch der unkontrollierte und exzessive Gebrauch kann sich negativ auf die soziale Entwicklung, schulische Leistungen und das allgemeine Wohlbefinden unserer Kinder auswirken.
Es ist entscheidend, dass wir als Eltern gemeinsam Verantwortung übernehmen und proaktiv handeln. Hier sind einige dringende Punkte, die wir berücksichtigen sollten:
- Gesundheitliche Folgen: Studien haben gezeigt, dass übermäßige Bildschirmzeit mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verbunden sein kann, von Schlafstörungen über Haltungsschäden bis hin zu psychischen Belastungen. Wir müssen diese potenziellen Risiken ernst nehmen.
- Beeinträchtigung sozialer Fähigkeiten: Der exzessive Gebrauch digitaler Medien kann die sozialen Fähigkeiten unserer Kinder beeinträchtigen. Face-to-Face-Interaktionen sind entscheidend für ihre soziale Entwicklung.
- Risiko von Suchtverhalten: Computersucht ist eine reale Gefahr, die nicht unterschätzt werden sollte. Kinder können abhängig von der virtuellen Welt werden und echte soziale Aktivitäten vernachlässigen.
- Einfluss auf schulische Leistungen: Übermäßige Bildschirmzeit kann sich negativ auf die schulischen Leistungen auswirken. Die Fähigkeit, sich auf Aufgaben zu konzentrieren und zu lernen, kann durch ständige Ablenkungen beeinträchtigt werden.
- Langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung: Die prägenden Jahre der Kindheit sind entscheidend für die kognitive und emotionale Entwicklung. Unkontrollierte Mediennutzung kann langfristige Auswirkungen auf diese Entwicklung haben.
Meine persönlichen Tipps
- Setzen Sie mit Ihren Kindern oder Jugendlichen einen Nutzungsvertrag auf, in dem ganz genau festgelegt ist, zu welchen Zeiten und wie lange Ihr Kind das Internet nutzen darf.
- Limitieren Sie das WLAN, sodass Ihr Kind nur zu bestimmten Zeiten online gehen kann.
- Bieten Sie Ihrem Kind oder Jugendlichen spannende Alternativen zur online Welt an. Es muss nicht immer gleich an einem Fußballtraining teilnehmen oder sich für einen Verein entscheiden, aber regelmäßige Ausflüge und Schnupperangebote sollten machbar sein.
Unsere Kinder benötigen unsere Anleitung, Unterstützung und klare Grenzen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Technologie und anderen Aktivitäten zu finden. Indem wir gemeinsam die Zeit, die sie vor Bildschirmen verbringen, bewusst regulieren, können wir dazu beitragen, gesunde Gewohnheiten zu fördern.
Lassen Sie uns als Eltern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere Kinder in einer Umgebung aufwachsen, die ihre körperliche und geistige Gesundheit fördert. Gemeinsam können wir das Bewusstsein schärfen und positive Veränderungen für die Zukunft unserer Kinder bewirken.
Hier finden Sie Hilfe bei Computersucht oder Internetsucht
Fachverband Medienabhängigkeit
Computersucht